Gegen Ende des Jahres 1900 schrieb der bekannte deutsche Zoologe und Tiertrainer Carl Hagenbeck seinem schottischen Kollegen James Ewart, dass er erfolgreich ein Löwen-Tiger-Hybrid gezüchtet hatte.
Der „Liger“, wie er fortan genannt wurde, war der Nachwuchs eines männlichen Löwen und eines weiblichen Tigers und er wurde am heutigen Tag im Jahr 1897 geboren. Bis zu dem Zeitpunkt waren nur eine Handvoll erfolgreicher Liger-Geburten dokumentiert worden und es gab wenig wissenschaftliche Forschungen zu ihnen.
Der Liger ist keine natürlich vorkommende Unterart. Nirgendwo auf der Welt leben Löwen und Tiger Seite an Seite in der Wildnis. Die einzigen existierenden Liger sind das Ergebnis von Rassenkreuzungen in Gefangenschaft.
Sie zeigen Charakteristika beider Eltern, sowohl im Benehmen als auch im Aussehen. Häufig haben sie blasse Streifen und schwimmen gern, wie Tiger es tun, aber sie mögen auch soziales Leben wie die Löwen. Häufig sind die Liger aber wegen genetischer Mutationen, die während der Rassenkreuzung auftreten, unfruchtbar.
Liger sind die größten Katzen der Welt. Ein erwachsener männlicher Liger wird wesentlich größer als ein ausgewachsener männlicher Löwe. Hagenbecks Exemplar war fast 35 Kilogramm schwerer als ein normaler männlicher Löwe.
Carl Hagenbeck wurde 1844 in Hamburg geboren. Er ist eine kontroverse Figur in der Geschichte der Kultivierung wilder Tiere. Wegen seiner visionären Tiergehege wird er manchmal der „Vater des modernen Zoos“ genannt, obwohl einige seiner Methoden heutzutage etwas altmodisch anmuten.
Sein Interesse für Tiere hatte er von seinem Vater. Der war nicht nur Fischhändler, sondern hatte zudem einen lukrativen Nebenerwerb als Händler für exotische Tiere. Schon in jungen Jahren war Hagenbeck also von allen Sorten faszinierender und ungewöhnlicher Züchtungen umgeben. Der Vater machte seinem enthusiastischen Sohn regelmäßig Geschenke und so besaß er bald selbst eine ausstellungswürdige Sammlung.
Als Hagenbeck älter wurde, wuchs sein Interesse und 1874 brach er zu einer Weltreise auf, während der er neue Arten fing. Er reiste nämlich, um seine Sammlung zu erweitern. Im gleichen Jahr stellte er seine Tiere in einem privaten Zoo in Hamburg aus.
Einige seiner auffälligsten Exponate waren aber keine Tiere, sondern eine kleine Gruppe Stammeszugehöriger, die er von seinen Reisen mitgebracht hatte. Hagenbeck baute in einem sogenannten „menschlichen Zoo“ die Dörfer der Ureinwohner aus der ganzen Welt nach. So konnten die faszinierten Besucher einen Blick in die fremde Welt der Samoaner, Inuit und Nubier erhaschen.
Der menschliche Zoo verlor im frühen 20. Jahrhundert an Popularität. Hagenbecks Tiere blieben aber für viele Menschen eine große Attraktion. Vor allem seine Liger blieben ein Hauptbestandteil seiner Ausstellung. Die riesigen Katzen begeisterten alle, die sie sahen.
Auch wenn einige Zoologen die Liger als eine Laune ihres Züchters verpönen, werden sie weiterhin gezüchtet. Als völlig künstliche Wesen haben sie zwar keinen wissenschaftlichen Wert, aber wegen ihrer immensen Größe und Schönheit bleiben sie beliebte Attraktionen in Tiersammlungen auf der ganzen Welt. Auch Hagenbecks Tierpark arbeitet weiter an den Züchtungen, doch derzeit gibt es keinen Liger unter seinen Attraktionen.
Bilder: © CC0 Public Domain, Pixabay.de