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Dieser Tag im Jahr 1859 war der Beginn eines bizarren internationalen Konfliktes in der Geschichte Großbritanniens und der USA. An diesem Tag wurden sie in einen Konflikt verwickelt, der als „Schweinekonflikt“ in die Geschichte einging. Es ging um die Souveränität über die kleine Insel San Juan.

Der Streit entsprang aufgrund des Versuchs, eine Grenze zwischen den USA und Kanada festzulegen: Dem Oregon Treaty von 1843. Leider ist die Wortwahl des Vertrags sehr vage, was die westlichen Bereiche der zwei Länder betrifft. Er legt fest, dass die Grenze die Straße von Juan de Fuca entlanggeht, einem breiten Kanal, der Vancouver Island in British Columbia von dem amerikanischen Festland trennt. Aber der Vertrag sagt nichts zu den Inseln, die in dem Kanal liegen, unter denen sich die strategisch wichtige und möglicherweise lukrative Insel San Juan befindet.

Großbritannien argumentierte, dass die Wasserstraße Rosario Strait als internationale Grenze angesehen werden sollte, was bedeutete, dass San Juan unter britische Zuständigkeit fallen würde. Die USA hingegen erkannten die weiter westlich gelegene Haro Strait als internationale Grenze an, womit die Insel unter amerikanischer Zuständigkeit gelegen hätte.

Ohne formelle Definition über den Status der Insel begannen Gruppen von Bauern und Holzfällern aus beiden Ländern auf der Insel zu siedeln. Es herrschte eine friedliche, wenn auch gereizte Ordnung der Koexistenz.

Im Jahr 1859 entlud sich jedoch die schwelende Atmosphäre der Feindschaft mit einem Paukenschlag. Der unwissende Auslöser war ein Schwein, Eigentum des Iren Charles Griffin. Das Schwein traf die folgenschwere Entscheidung, auf das Anwesen des Amerikaners Lyman Cutlar zu spazieren, wo es auf den Gemüsegarten des Bauern losging. Als Cutlar den Eindringling sah, griff er nach seinem Gewehr und erschoss das Schwein.

Dieser Zwischenfall eskalierte erschreckend schnell. Griffin verlangte sofort nach einer Entschädigung für sein getötetes Tier, aber die zehn Dollar, die Cutlar ihm anbot, waren nur ein Bruchteil von dem, was Griffin für angemessen hielt. Griffin beharrte darauf, dass Cutlar für sein Vergehen ins Gefängnis kommen sollte. Das war etwas, das nach der Präsenz britischer Truppen verlangte.

Die Amerikaner, die sich selbst eine kleine britische Militärpräsenz nur ungern vorstellten, sandten ein Bataillon von Soldaten nach San Juan, um der britischen Landung zuvorzukommen. Unbeirrt erhöhten die Briten den Einsatz und schickten drei Kriegsschiffe zu der Insel.

In den folgenden Wochen erfolgte ein Rüstungswettlauf, weil beide Seiten ihre Position stärken wollten. Ende August waren beinahe 3.000 Soldaten nach San Juan entsandt worden und eine beunruhigende Pattsituation wurde aufrechterhalten. Keine Seite wollte als Anstifter von Kampfhandlungen gesehen werden und so fand der Konflikt ohne Blutvergießen statt. Beschimpfungen und Säbelrasseln waren das, was auf beiden Seiten einer Kampfhandlung am nächsten kam.

Alarmiert über den Grad, wie der Streit eskaliert war, handelten britische und amerikanische Diplomaten schnell einen Truppenrückzug aus und innerhalb weniger Monate hatten beide Seiten nur noch eine symbolische Präsenz auf der Insel. San Juan blieb im politischen  Niemandsland für weitere zwölf Jahre.

Erst 1871 wurde entschieden, das Thema der Zuständigkeit endgültig zu klären. Eine unabhängige Kommission, angeführt vom deutschen Kaiser Wilhelm I., entschied letztendlich zugunsten der USA. Es folgte der Rückzug der britischen Truppen von der Insel im November 1872 und brachte so auch den Schweinekonflikt zum Abschluss.

Es war wohl der einzige Krieg in der Geschichte, bei dem es keinen einzigen (menschlichen) Toten gab.

Bild: © Eureka / Alamy