An diesem Tag im Jahr 1872 wurde gegen ein Uhr mittags das amerikanische Handelsschiff „Mary Celeste“ vor Portugals Küste treibend gefunden. Die Fracht war unversehrt, die Segel waren gesetzt, aber das Schiff war unbemannt und verlassen, die Crew wurde nie wieder gesehen. Es war eins der größten maritimen Rätsel aller Zeiten.
Kapitän war der erfahrene Seemann Benjamin Briggs. Am 7. November 1872 legte die „Mary Celeste“ in Staten Island in New York ab, mit dem Ziel Genua in Italien. Der 31 Meter lange Zweimaster beförderte eine Fracht von 1701 Barrels (ca. 270.000 Liter)[1] Alkohol im Wert von 35.000 US-Dollar, zur Anreicherung von Wein. Eine Crew von sieben fähigen Seemännern unterstützte Kapitän Briggs an Bord. Außerdem waren Briggs Frau und seine zweijährige Tochter mit an Bord. In einem Brief an seine Mutter, den er vor der Abfahrt schrieb, drückte Briggs seine Begeisterung über die anstehende Reise aus: „Wir scheinen einen sehr guten Maat und Steward zu haben und ich hoffe, dass ich eine angenehme Reise haben werde.“ Das war das Letzte, was seine Mutter von Briggs hörte.
Briggs Freund David Morehouse, Kapitän des Zweimaster-Handelsschiffes „Dei Gratia“ war auf einem ähnlichen Kurs wie die „Mary Celeste“ über den Atlantik, durch die Straße von Gibraltar und ins Mittelmeer. Ungefähr einen Monat nach Abfahrt, knapp 1.000 Kilometer westlich von Portugal, entdeckte ein Steuermann der „Dei Gratia“ ungefähr acht Kilometer von der Backbordseite entfernt ein Schiff. Plötzlich bemerkte er etwas Seltsames: Die Segel des Schiffes waren schlaff und das Schiff schien vom Kurs abgekommen zu sein. Die „Mary Celeste“ sah seetüchtig aus, aber niemand schien auf dem Schiff das Kommando zu haben. Als Kapitän Morehouse durch sein Fernglas sah, erkannte er, dass es sich bei dem Schiff um die „Mary Celeste“ handelte, auf der sein Freund Briggs Kapitän war und mit dem er kurz vor der Abfahrt noch zu Abend gegessen hatte. Morehouse war verwundert: Briggs war ein erfahrener Kapitän und hatte vor der „Dei Gratia“ die Segel gesetzt und musste daher Genua schon erreicht haben. Nachdem er das Schiff zwei Stunden lang vorsichtig beobachtet hatte, schickte Morehouse ein Enterkommando zu der „Celeste“.
An Bord entdeckte das Kommando ein Meter hoch stehendes Wasser auf dem Schiffsboden und ein „ordentlich nasses Durcheinander“ überall. Nur eine Pumpe war betriebsfähig, aber das Schiff war immer noch seetauglich. Alle Papiere des Schiffes fehlten – außer dem Logbuch des Kapitäns. Es war Essen für sechs Monate an Bord und die Fracht und die persönlichen Besitztümer der Mannschaft waren unversehrt. Ein Rettungsboot schien zu fehlen. Es gab keine Zeichen von Kampf, Diebstahl oder Gewalt, aber das Schiff schien in Eile verlassen worden zu sein. Eine Untersuchung wurde durchgeführt, um zu ermitteln, was mit der „Mary Celeste“ passiert war, aber es gab keine Antworten. Seitdem haben See-Ermittler viele Theorien hervorgebracht, von Seeräuberei und Seebeben hin zu Wasserhosen und Meuterei. Die plausibelste Erklärung geht davon aus, dass einige der Alkoholfässer starke Dämpfe abgaben. Als Briggs anordnete, den Frachtraum zu öffnen, strömten die Dämpfe heraus und versetzten Briggs und seine Mannschaft in Panik. Sie eilten ins Rettungsboot. Da sie es nicht schafften, das Boot sicher am Schiff festzumachen, wurden sie von einem starken Wind vom Schiff weggeweht. Trotz vieler Hypothesen, die das Schicksal der Crew erklären sollen, bleibt die Geschichte der „Mary Celeste“ bis heute ein Rätsel.