Zurück

Von dieser Eisenbahnstrecke sagte man, dass sie unmöglich zu bauen ist: 1.900 Meter durch eine der unwirtlichsten Gegenden der Welt. Die Durchquerung riesiger Bergketten, mit Temperaturen, die regelmäßig unter Null sinken.

Man bräuchte Technik, die nie zuvor erprobt wurde, unter anderem die Konstruktion von langen Gleisen auf instabilem Dauerfrostboden und in Höhen, in denen der Sauerstoff knapp wird. Nach Meinung vieler war das ein unerreichbares Ziel und würde in einem Desaster enden.

Aber trotz dieser scheinbar unüberbrückbaren Hindernisse fuhren am 1. Juli 2006 die ersten planmäßigen Züge der Qinghai-Tibet-Bahn, die auch „die Eisenbahn über das Dach der Welt“ genannt wurde.

Die Bahn brachte das politisch sensible Autonome Gebiet Tibet symbolisch näher an den Rest von China. Außerdem brachte die Bahn wirtschaftliches Wachstum in die Region.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts gab es Pläne, diese Region an das chinesische Eisenbahnnetz anzuschließen.

Aber die vielen Konstruktionsschwierigkeiten führten dazu, dass die Pläne liegen blieben. In den 1950er Jahren gab es erneute Pläne, die Bahnstrecke bis Lhasa auszuweiten. Dieses Mal wollte China im Zuge seiner „Go-West-Strategie“ bei der Erschließung Erfolg haben.

Der erste Teil der Strecke wurde 1984 vollendet. Er verband Xining, die Hauptstadt der Qinghai Provinz, mit dem 800 Kilometer westlich gelegenen Golmud.

Es blieb eine 1.125 Kilometer lange Lücke, die noch überwunden werden musste und die war bei weitem der schwierigste Teil der Strecke. Die Arbeit daran konnte nicht sofort fortgesetzt werden, weil die technischen Mittel, die für dieses ambitionierte Projekt notwendig waren, erst noch entwickelt werden mussten.

Letztendlich kam der Weiterbau der Strecke im Sommer 2001 wieder in Gang.

Armeen von Bauarbeitern waren an dem Projekt beteiligt. Es wurde von beiden Enden der Route angefangen zu arbeiten: Von Lhasa im Westen und von Golmud im Osten. Die Arbeit ging sehr schnell voran und in nur vier Jahren war der Großteil der Infrastruktur fertiggestellt und die Testphase konnte beginnen.

Die Bahnstrecke ist in vielerlei Hinsicht eine technische Meisterleistung. Ungefähr 80 Prozent der Gleise sind auf über 4.000 Metern über dem Meeresspiegel verlegt. Der höchste Punkt der Strecke liegt bei atemberaubenden 5.072 Metern.

Das macht sie zur höchsten Bahnstrecke der Welt. Die Route beinhaltet mehr als 650 Brücken, die insgesamt 160 Kilometer der Strecke ausmachen. Die Bahnstrecke verläuft so hoch, dass speziell konstruierte Waggons eingesetzt werden mussten, um die Sicherheit und den Komfort der Passagiere zu garantieren. Jeder Waggon ist unter Normaldruck gehalten, um Höhenkrankheit vorzubeugen und ebenso hat jeder Waggon eine eigene Sauerstoffversorgung.

Trotz allem sorgte die Eisenbahnstrecke für Kritik.

So repräsentierte sie für einige den steigenden Einfluss des chinesischen Staates in dieser politisch sensiblen Region. Die Tibetaner sorgen sich, dass die Bahn große Zahlen von Han-Chinesen nach Tibet bringen wird, was zu einer unvermeidbaren Verwässerung der tibetischen Kultur führen würde.

Aber die spektakuläre Eisenbahn bleibt bestehen. Die Züge fahren mittlerweile direkt nach Peking und Shanghai.

Weitere Streckenverlängerungen in Tibet sind bereits in Planung. Die Strecke ist schnell zu einer der beliebtesten Bahnstrecken der Welt und zu einer Touristenattraktion geworden. Obwohl die Strecke nicht ohne Kontroversen gebaut und die Konstruktion teils für unmöglich gehalten wurde, steht sie nun für ein atemberaubendes Beispiel chinesischer Anstrengung, technischen Könnens und wirtschaftlichen Einflusses.

Bild: © Corbis