Zurück

An diesem Tag im Jahr 1960 sprang Joseph Kittinger aus 31.330 Metern aus einem Heliumballon. Sein Sprung stellte mehrere Weltrekorde auf, darunter den höchsten Ballonaufstieg, den höchsten Fallschirmsprung, den schnellsten Fallschirmsprung durch die Atmosphäre und den längsten freien Fall.

Joseph Kittinger wurde am 27. Juli 1928 in Tampa, Florida geboren. Als Teenager nahm er aus Spaß an Speedboat-Rennen teil. Mit 20 trat er der US Air Force bei und wurde zum Piloten ausgebildet und schließlich landete er im Nachkriegsdeutschland bei der 86th Fighter Bomber Wing auf der Ramstein Air Force Base. 1954 wurde er zur Holloman Air Force Base in New Mexico versetzt. Dort begann er mit Colonel John Stapp beim experimentellen Air Force Missile Development Centre zu arbeiten. 1957 stellte er im Rahmen des Projektes „Manhigh“ einen Ballon-Höhenrekord auf, als er mit einem Ballon bis auf 29.500 Meter aufstieg.

Nach Holloman und Manhigh begann das Projekt „Excelsior“ in den Aerospace Medical Research Laboratories auf der Wright-Patterson Air Force Base in Dayton im US-Bundesstaat Ohio. Hier begannen Kittinger und Stapp Notausstiege in großer Höhe zu erforschen, indem sie tollkühne Fallschirmflüge aus einem Heliumballon in Rekordhöhen erprobten.

Das Projekt sollte ein Fallschirmsystem erfinden, dass es Flugzeugcrews nach einem Auswurf aus dem Flugzeug ermöglichte, sicher zu landen, ohne ins Trudeln zu kommen. Das Trudeln kann nämlich tödlich sein. Das Projekt testete außerdem die Reaktionen des menschlichen Körpers auf große  Höhen und unter Weltraumkonditionen.

Sein erster Aufstieg in Excelsior I, der am 16. November 1959 stattfand, brachte Kittinger beinahe um. Er sprang aus einer Höhe von 23.300 Metern und ein Fehler an der Ausrüstung führte dazu, dass er das Bewusstsein verlor und ins Trudeln geriet - mit 120 Umdrehungen in der Minute. Das unterwarf ihn G-Kräften von 22-facher Schwerkraft – ein erneuter Rekord.

Glücklicherweise wurde sein Leben durch einen automatischen Fallschirmöffner gerettet. Erstaunlicherweise schreckte Kittinger vor einem neuen Versuch nicht zurück. Nur wenige Wochen später, am 11. Dezember 1959, sprang er aus einer Höhe von 22.700 Metern von der Excelsior II ohne irgendwelche Probleme.  

Am 16. August 1960 sollte er mit Excelsior III sogar noch höher steigen. Während des Rekord-Aufstiegs stand Kittinger Temperaturen von -70 Grad Celsius gegenüber.

Erneut erlebte er einen Materialfehler: Die Druckbeaufschlagung seines rechten Handschuhs ließ seine Hand auf doppelte Größe anschwellen. Um die Mission nicht abbrechen zu müssen, entschied er sich dazu, die Bodencrew nicht zu informieren und machte weiter ohne seine Hand zu gebrauchen.

Nach anderthalb Stunden passierte Excelsior III das bekannte Himmelblau und tauchte ein in das Schwarz der Stratosphäre. Unter ihm war die Erdkrümmung verdeckt von Wolken und über ihm und um ihn herum breitete sich das unendliche, schwarze Weltall aus. 31 Kilometer über dem Erdboden mit 99,2 Prozent der Atmosphäre unter ihm, sprang Kittinger.

Aber Kittinger hatte nicht das Gefühl zu fallen, sondern eher, sich im All zu drehen. Als er sich von der Erde wegdrehte, sah er den Ballon „in den Himmel schießen, mit einer fantastischen Geschwindigkeit“. Dann bemerkte er, dass er derjenige war, der sich so schnell bewegte. Weil es keinen Luftwiderstand in der Stratosphäre gibt, gibt es keinen Wind und kein Geschwindigkeitsgefühl. Obwohl er Geschwindigkeiten von 988 Kilometern pro Stunde erreichte, war der Abstieg ohne Luft leise und seltsam still. „Der Stoff meines kostbaren Anzugs kräuselte sich nicht... es war ein sehr seltsames Gefühl.“

Nach dreizehn Sekunden öffnete sich der stabilisierende 1,8 Meter Fallschirm, um das tödliche Trudeln zu vermeiden. Nach vier Minuten Fall durch schwarzes All kam er wieder zurück in den familiären blauen Dunst. Sein freier Fall dauerte vier Minuten und 36 Sekunden – ein Rekord für die damalige Zeit. Dann öffnete sich sein 8,5 Meter Hauptfallschirm bei 5.334 Metern. Nach 13 Minuten und 45 Sekunden des Abstiegs landete Kittinger sicher auf der Erde.

Das Projekt Excelsior zeigte, dass es für Flugcrews möglich ist, aus großen Höhen sicher einen Fallschirm-Notausstieg durchzuführen. Außerdem bewies das Projekt, dass der menschliche Körper, genau wie die Ausrüstung, dem Stress von notbedingten Situationen im All standhalten kann.

Später stand Kittinger im Vietnam-Krieg ganz anderen Gefahren gegenüber. Dort absolvierte er drei Einsätze, während derer er für elf Monate Kriegsgefangener war. 1978 schied er aus dem Dienst der Air Force aus, aber er versuchte weiterhin erstaunliche Wundertaten beim Extrem-Ballonfahren auszuprobieren. 1983 stellte er den Weltrekord mit der Streckenlänge von 3.221 Kilometern auf. 1984 vollbrachte er seine erste Atlantik-Überquerung im Alleingang in dem passenderweise „Balloon of Peace“ genannten Ballon.

Kittinger hielt den Rekord für den längsten freien Fall bis 1962 und den des höchsten bemannten Ballonaufstiegs und Fallschirmsprungs und den der größten Geschwindigkeit eines Menschen außerhalb eines Flugzeugs bis Oktober 2012.

Bild: U.S. Air Force Museum