An diesem Tag im Jahr 1907 reichte der deutsche Apotheker und Amateurfotograf Julius Neubronner ein Patent für Luftaufnahmen ein. Die Methode dieser Luftaufnahmen war neu: Er brachte eine Kamera an einer Taube an. Das heißt, dass zum ersten Mal Fotografien von der Erde aus der Vogelperspektive gemacht werden konnten - und das relativ billig. Neubronner erhielt internationales Lob für seinen Einfallsreichtum und erhielt mehrere Preise.
Neubronner wurde im Jahr 1852 in der Provinzstadt Kronberg im Taunus geboren. Damals lag Kronberg in dem Herzogtum Nassau. Er stammte aus einer langen Reihe angesehener Apotheker. Auch ihm war dieser Beruf von klein auf zugedacht. Er studierte Pharmazie und Chemie an der Universität, erst in Berlin, dann in Heidelberg. Dort machte er 1879 seinen Doktor. Nachdem er mit dem Studium fertig war, kehrte er nach Kronberg im Taunus zurück, um in der Firma der Familie zu arbeiten. Er übernahm den Betrieb seines Vaters im Jahr 1886.
Neubronner hatte die Idee für die Taubenkamera von seinem Vater. Der hatte ein System entwickelt, mit dem man kleine Dosen mit Medizin mit der Taubenpost verteilen konnte. Das System war effizient und verlässlich. Bald war das System jedoch veraltet, weil die Nachbarstädte von Kronberg eigene Apotheken bekamen und deswegen die Lieferungen nicht mehr von Nöten waren.
Als Neubronner den Betrieb übernahm, belebte er diese Praxis – mehr aus einer Laune heraus als aus Notwendigkeit – und erfand bald andere Verwendungen für die Tauben. Während seiner Kindheit und Jugend hatte er großes Interesse an Fotografie gepflegt und als junger Mann hatte er in dem Bereich ein ansehnliches Wissen entwickelt. Die Fotografie mit seiner Flotte von Brieftauben zu kombinieren schien der nächste logische Schritt zu sein.
Der Entwurf, den Neubronner entwickelte, war relativ unausgearbeitet. Er bestand aus einem leichten Aluminium-Geschirr, das mit Lederbändern um den Bauch der Taube gebunden werden konnte. Eine kleine Kamera mit Zeitrafferfunktion wurde an dem Geschirr befestigt und konnte eine Serie von Fotografien machen, während die Taube über eine bestimmte Gegend flog.
Nach mehreren Monaten, in denen er an seiner Erfindung bastelte, präsentierte er die Methode in einer Serie von Demonstrationen im Jahr 1909 der Öffentlichkeit. Um keine kommerzielle Möglichkeit zu verpassen, hatte Neubronner ein System ausgearbeitet, bei dem die Zuschauer die Ankunft der Kamerabeladenen Tauben beobachten und dann die schnell entwickelten Fotografien kaufen konnten.
Diese Technik begeisterte so sehr, dass Neubronner in den Jahren 1910 und 1911 auf den Luftschiffer-Ausstellungen in Paris die Goldmedaille gewann, eine für die innovative Technik und eine für die spektakulären Fotografien.
Die Taubenkamera hatte großes Potential im Spionagebereich und viele Experimente wurden mit Neubronners Erfindung durchgeführt. Allerdings fiel das Aufkommen der Taubenkamera mit den bemerkenswerten Fortschritten in der motorisch angetriebenen Luftfahrt zusammen. Daher hielt man Neubronners Tauben bald für unpraktisch, als es um präzise militärische Überwachung ging.
Am Ende blieb Neubronners Erfindung von eingeschränktem praktischen Gebrauch. Trotzdem war sie zur damaligen Zeit bahnbrechend und eine bedeutende Errungenschaft in der Geschichte der Luftfotografie.
Bild: Photo by Julius Neubronner
Siehe auch: Drohnenvideo mit Flug über Tschernobyl