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Deutschland wurde zu einer modernen, geeinten Nation unter der Führung des „eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck (1815-1898), der zwischen 1862 und 1890 zunächst Preußen und dann ganz Deutschland effektiv regierte. Als Meisterstratege bekannt initiierte Bismarck entscheidende Kriege mit Dänemark, Österreich und Frankreich, um 39 unabhängige deutsche Staaten unter preußischer Führung zu vereinen. Obwohl erzkonservativ, führte Bismarck zudem auch fortschrittliche Reformen ein – darunter das allgemeine Wahlrecht für Männer und die Einrichtung des ersten Wohlfahrtsstaates – um seine Ziele zu erreichen. Er manipulierte europäische Rivalitäten, um Deutschland zu einer Weltmacht zu machen, legte damit jedoch auch den Grundstein für beide Weltkriege.

 

Frühe Jahre

Otto Eduard Leopold von Bismarck wurde am 1. April 1815 auf dem Gut seiner Familie im preußischen Kernland westlich von Berlin geboren. Sein Vater war ein Junker in der fünften Generation (ein preußischer Landadeliger) und seine Mutter stammte aus einer Familie erfolgreicher Akademiker und Regierungsminister. Sein ganzes Leben lang betonte Bismarck immer wieder seine ländlichen Junker-Wurzeln, während er seinen großen Intellekt und seine kosmopolitische Einstellung herunterspielte.

Wussten Sie das schon? Obwohl der deutsche Führer Otto von Bismarck in der Öffentlichkeit für einen Großteil seines späteren Lebens die Uniform eines Generals trug (und als Kanzler später erfolgreich drei Kriege führte), war sein einziger vorheriger Militärdienst ein kurzer, unfreiwilliger Einsatz in einer Reserveeinheit.

Bismarck wurde in Berlin ausgebildet und nahm nach der Universität eine Reihe kleinerer diplomatischer Posten an, bevor er sich im Alter von 24 Jahren zurückzog, um das Anwesen seiner Familie in Kneiphof zu leiten. 1847 heiratete er und wurde als Abgeordneter in das neue preußische Parlament nach Berlin entsandt, wo er als reaktionäre Stimme gegen die liberalen, antiautoritären Demonstrationen von 1848 auftrat.

Von 1851 bis 1862 diente Bismarck in einer Reihe von Botschaften – beim Deutschen Bund in Frankfurt, in St. Petersburg und in Paris, die ihm wertvolle Einblicke in die Schwachstellen der europäischen Großmächte verschafften.

 

 

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Der Eiserne Kanzler  

Wilhelm I. wurde 1861 Preußens König und ernannte ein Jahr später Bismarck zu seinem obersten Minister. Obwohl er technisch gesehen Wilhelm unterstellt war, hatte Bismarck in Wirklichkeit das Sagen. Er manipulierte den König mit seinem Intellekt und einem gelegentlichen Wutanfall, während er königliche Dekrete benutzte, um die Macht der gewählten Beamten zu umgehen.

Im Jahr 1864 begann Bismarck eine Reihe von Kriegen, die die preußische Macht in Europa etablieren sollten. Er griff Dänemark an, um die deutschsprachigen Gebiete Schleswig-Holsteins zu gewinnen und provozierte zwei Jahre später Kaiser Franz-Josef I., den Österreichisch-Preußischen Krieg (1866) zu beginnen, der mit einer schnellen Niederlage für das alternde österreichische Kaiserreich endete. Bismarck lehnte es damals klugerweise ab, eine Kriegsentschädigung gegen die Österreicher zu erheben.

Weniger umsichtig ging Bismarck allerdings im Deutsch-Französischen Krieg (1870-71) vor. Da er hierin die Gelegenheit sah die losen Bündnisse Deutschlands gegen einen äußeren Feind zu vereinen, schürte Bismarck die politischen Spannungen zwischen Frankreich und Preußen, indem er ein Telegramm von Wilhelm I. so bearbeitete, dass sich beide Länder vom jeweils anderen beleidigt fühlten. Die Franzosen erklärten den Krieg, doch die Preußen und ihre deutschen Verbündeten gewannen mit Leichtigkeit. Preußen verlangte eine Entschädigung, annektierte die französischen Grenzprovinzen Elsass und Lothringen und krönte Wilhelm im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser eines vereinten Deutschlands (des Zweiten Reiches) – eine ungeheure Beleidigung für die Franzosen.

 

Kulturkampf, Wohlfahrtsstaat, Kaiserreich

Nach der Einigung Deutschlands wandten sich Wilhelm I. und Bismarck der Festigung ihrer inneren Macht zu. Während eines Großteils der 1870er Jahre verfolgte Bismarck einen Kulturkampf gegen die Katholiken, die 36 Prozent der deutschen Bevölkerung ausmachten, indem er die kirchlichen Schulen unter staatliche Kontrolle stellte und die Jesuiten vertrieb. Im Jahr 1878 lenkte Bismarck jedoch ein und verbündete sich mit den Katholiken gegen die wachsende sozialistische Bedrohung.

In den 1880er Jahren legte Bismarck seine konservativen Impulse weitgehend beiseite, um den Sozialisten erneut entgegenzutreten, indem er den ersten modernen Wohlfahrtsstaat Europas schuf, wobei er eine nationale Gesundheitsfürsorge (1883), eine Unfallversicherung (1884) und Altersrenten (1889) einführte. Bismarck war auch Gastgeber der Berliner Konferenz von 1885, die das „Gerangel um Afrika“ beendete, den Kontinent zwischen den europäischen Mächten aufteilte und deutsche Kolonien in Kamerun, Togoland sowie Ost- und Südwestafrika gründete.

 

Letzte Jahre und Vermächtnis

Wilhelm I. starb 1888 und wurde von seinem Sohn Friedrich III. und dann von seinem Enkel Wilhelm II. abgelöst, die beide für Bismarck schwer zu kontrollieren waren. Im Jahr 1890 zwang der neue König Bismarck zum Rücktritt. Wilhelm II. wurde die Kontrolle über einen blühenden Einheitsstaat überlassen, war allerdings nicht in der Lage, das von Bismarck sorgfältig austarierte Gleichgewicht der internationalen Rivalitäten aufrechtzuerhalten.

Als er acht Jahre später starb, wurde Bismarck immer noch geachtet und geehrt und wurde so schnell zu einer nahezu mythischen Figur, die von politischen Führern gerne angeführt wurde, welche eine starke deutsche Führung forderten – oder einen Krieg.

 

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