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Am 24. August des Jahres 410 nach Christus fielen barbarische Stämme unter der Führung des westgotischen Königs Alarich in Rom ein. Während des dreitägigen Massakers wurden zahlreiche Römer ermordet und die Stadt zerstört und geplündert. Diese Invasion spielte eine große Rolle für den Fall des Römischen Reichs. Doch die antike Metropole wurde nicht nur einmal von feindlichen Truppen erobert, geplündert oder niedergebrannt. Es gab unter anderem viele Aufstände der Barbaren. Das sind die Geschichten hinter den sechs größten Plünderungen der ewigen Stadt:

Die Gallier:

Die Geschichte hinter der ersten Plünderung Roms ist gespickt von Mythen und Legenden. Man nimmt an, dass die junge Stadt in einen Konflikt mit einer Gruppe von Galliern geriet, die von dem Kriegsherrn Brennus angeführt wurde. Am 18. Juli 387 v. Chr. stießen beide Heereskräfte am Ufer des Flusses Allia aufeinander. Die Römer mussten jenen Kampfstil, der ihre Legionen berühmt machen sollte, allerdings erst noch perfektionieren. Viele von ihnen stellten sich den Galliern in der ersten Etappe des Krieges mit wildem Haar und nacktem Oberkörper anstatt einer Rüstung. Zahlreiche Römer wurden dahingemetzelt und Brennus konnte sich dank der Überlegenheit seiner Truppen fast ungehindert auf die Stadt zubewegen. Als seine Männer in Rom einfielen, begann eine wahre Gewaltorgie aus Raub und Vergewaltigungen. Gebäude wurden niedergebrannt und alle Kostbarkeiten geplündert. Der größte Teil des römischen Senats wurde im Forum hingerichtet.

Während die Gallier grausam wüteten, sicherten die überlebenden Römer das Kapitol ab. Es gelang ihnen, etliche Angriffe der Gallier abzuwehren. Nach mehreren Monaten der Belagerung handelten sie aus, 1.000 Pfund Gold an Brennus zu bezahlen, um ihn zum Abziehen seiner Truppen zu bewegen. Die Legende besagt, dass Brennus eine manipulierte Waage verwendete, um das Gold zu wiegen. Als sich die Römer beschwerten, warf er sein Schwert auf die Waage und rief „Vae Victis!“ („Wehe den Besiegten!“) und die Römer mussten noch mehr Gold bezahlen. Als die Gallier abgezogen waren, bauten die Römer ihre Stadt wieder auf. Doch die Niederlage am Allia-Fluss hinterließ tiefe Wunden in der römischen Seele. Für den Rest der Geschichte galt der 18. Juli als schwarzer Tag.

Die Westgoten:

Während der darauffolgenden 800 Jahre erholte sich Rom vollständig von dem gallischen Debakel und blühte wieder zu alter Stärke auf. Doch die zweite Plünderung im Jahr 410 n. Chr. markierte den Beginn des langen und schmerzhaften Falls des Römischen Imperiums. Zu dieser Zeit wurde das Reich geteilt und ging daraufhin langsam unter. Germanische Stämme, die unter der Führung des westgotischen Königs Alarich plündernd umherzogen, hatten Rom bereits bei zwei verschiedenen Gelegenheiten belagert. Als sie die Stadt zum dritten Mal einnehmen wollten, öffnete ihnen eine Gruppe von Sklaven das Tor „Porta Salaria“. Alarich und seine Truppen konnten Rom ungehindert betreten. Sie brannten Gebäude nieder, ermordeten Aristokraten und raubten alles, was nicht niet- und nagelfest war. Nach drei Tagen erklärten sie ihren Raubzug für beendet und verschwanden auf der „Vía Appia“ aus der Stadt.

Der Überfall der Westgoten verlief relativ kontrolliert. Viele der berühmtesten Denkmäler und Gebäude Roms wurden unberührt gelassen. Da die Westgoten Christen waren, durften die Menschen im Petersdom und der Pauluskirche Zuflucht nehmen. Dennoch erschütterte die Nachricht über den Fall der ewigen Stadt die gesamte Mittelmeerregion. „Die Stimme stockt mir, und vor Schluchzen kann ich nicht weitersprechen“, so der Kirchenvater St. Hieronymus. „Die Stadt Rom, die zuvor die ganze Welt besiegt hat, ist selbst besiegt.“

Die Vandalen:

Dass man das Wort „Vandalismus“ heute mit der mutwilligen Zerstörung von öffentlichem Eigentum gleichsetzt, verdankt man den Vandalen, die die ewige Stadt ebenfalls plünderten.  Der Überfall wurde von der Ermordung des römischen Kaisers Valentinian III ausgelöst. Dieser hatte seine Tochter Eudocia dem Sohn des Vandalenkönigs Geiserich als Teil eines Friedensvertrags versprochen. Da die Vermählung nicht zustande kam, sahen die Vandalen die Abmachung verletzt und so marschierte Geiserich mit seinen Truppen im Jahr 455 auf Rom zu. Die Römer sahen sich nicht in der Lage, seine Armee zu stoppen und schickten Papst Leo I, um zu verhandeln. Der Pontifex hatte den Vandalen versichert, dass es keinen Widerstand geben werde, um Kampfhandlungen, Feuersbrünste und Vergewaltigungen zu vermeiden.

Geiserich und sein Heer plünderten während der darauffolgenden zwei Wochen die ganze Stadt: Sie raubten Gold, Silber und Möbel aus den Patrizierhäusern, dem Kaiserpalast und dem Jupitertempel Optimus Maximus. Sie hielten sich aber an ihr Wort und zerstörten keine Gebäude und töteten auch keine Einwohner Roms. Somit ist die Herleitung des sprichwörtlichen Vandalismus aus blinder Zerstörungswut zumindest historisch gesehen unrichtig. Sie nahmen jedoch etliche Römer gefangen, darunter auch die Tochter des Valentinian, Prinzessin Eudocia. Diese heiratete den Sohn Geiserichs später, so wie es zuvor vereinbart gewesen war.

Die Ostgoten:

Nach der Vertreibung des letzten Kaisers der Westgoten im Jahr 476 n. Chr. wurde Rom durch eine Reihe von germanischen und ostgotischen Königen und Ostgoten regiert. Dem byzantinischen Kaiser Justinian I. gelang es, die Region während des sechsten Jahrhunderts zurückzuerobern. Später sah er sich aber mit den Truppen des ostgotischen Königs Totila konfrontiert. Laut dem Geschichtsschreiber Prokop nahmen Totila und seine Männer im Jahr 546 die Stadt ein. Die Wachen Roms sollen sofort geflohen sein und die ewige Stadt sah sich Plünderungen hilflos ausgesetzt.

Die Ostgoten verbrachten mehrere hochprofitable Wochen in der Stadt und nahmen alles Wertvolle an sich. Durch die blutigen Kämpfe wurde die einst so glanzvolle Metropole fast vollständig entvölkert und in eine karge Ruine verwandelt. Während ihrer Hochzeit lebten mehr als eine Million Menschen dort, doch als die Ostgoten schließlich abzogen, waren gerade einmal ein paar hundert Römer noch am Leben.

Die Normannen:

Nur wenige Jahre nach der Invasion seines Landsmannes Wilhelm, dem Eroberer, auf der englischen Insel, plünderte der Kriegsherr Robert Guiskard die Stadt Rom. Guiskard, dessen Name „gerissen“ oder „verschlagen“ bedeutet, marschierte im Jahre 1084 in die Metropole ein. Er hatte ein Hilfegesuch seines Verbündeten Papst Gregor VII empfangen, der vom römischen Kaiser Heinrich IV gefangen gehalten wurde. Guiskard eroberte die Stadt und rettete den Papst, doch das römische Volk wollte sich den Normannen nicht beugen. Als sich die Römer erhoben, ließ er den Aufstand niederwalzen und die Gier seiner Männer nach Vergewaltigungen und Plünderungen befriedigen. Die Stadt wurde in Flammen gesetzt, viele ihrer Bewohner wurden getötet oder in die Sklaverei verkauft. Die Quellen unterscheiden sich in ihrer Darstellung des Schreckens und des verursachten Schadens. Etliche Historiker machen allerdings Guiskard und sein Normannenheer für die Zerstörung vieler wertvoller antiker Monumente der ewigen Stadt verantwortlich.

Das Heilige Römische Reich:

„Sie weinten viel, wir sind alle reich.“ So fasste ein Teilnehmer die Ereignisse vom Mai 1527 zusammen, als eine Rebellenarmee unter dem Kommando von Kaiser Karl V die Stadt einnahm und plünderte. Die kaiserlichen Truppen waren gerade von einem Feldzug gegen die Liga von Cognac zurückgekehrt, waren aber seit Monaten nicht mehr bezahlt worden. Um sie bei Laune zu halten, versprach ihnen ihr Kommandant, der Herzog von Bourbon, Rom plündern zu können. Die verarmten Soldaten erreichten die Metropole am 6. Mai und starteten sogleich ihren Angriff. Der Herzog starb während der Kämpfe, doch seine Männer rissen die Mauern nieder und drangen in die Stadt. Die Schweizer Garde des Vatikans wurde während einer berühmten letzten Auseinandersetzung in der Nähe des Petersdoms ausgelöscht. Papst Clemens konnte durch einen geheimen Tunnel entkommen und versteckte sich im unbezwingbaren Engelsschloss.

Die führerlose Armee verwandelte sich indes in einen blutrünstigen Mob: Gebäude wurden geplündert und niedergebrannt; Männer und Kinder wurden gefoltert und getötet; Frauen – sogar katholische Nonnen – wurden vergewaltigt oder auf öffentlichen Märkten versteigert. Als die kaiserlichen Truppen endlich die Stadt verließen, lag Rom in Schutt und Asche. Die Hälfte seiner 55.000 Einwohner war tot oder obdachlos. Auch die kulturellen Verluste wogen schwer, da viele Künstler umgekommen und viele Werke von unschätzbarem Wert zerstört oder verschwunden waren. Viele Wissenschaftler sahen seit dieser Plünderung 1527 als offizielles Ende der italienischen Renaissance an.

Bild: © CC0 Public Domain, Pixabay.de

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