Er überlebte die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Buchenwald und Dachau. Nun reiste der 89-jährige Ben Lesser auf Einladung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus den USA in das Berliner Anne Frank Zentrum, um seine Erfahrungen mit der Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley, dem Schauspieler Clemens Schick sowie HISTORY-Produzent Emanuel Rotstein zu teilen.
Gemeinsam schauten sie sich die Ausstellungen im Anne Frank Zentrum an und tauschten sich über die grausamen Erlebnisse Lessers, sein Engagement für die Erinnerungskultur und die wertvolle Arbeit des Anne Frank Zentrums aus.
Im anschließenden Zeitzeugengespräch berichtete er auch einer Berliner Schulklasse von seinen Erlebnissen und stellte sich den Fragen der Schüler. Dabei appellierte er an seine Zuhörer:
„Die Nazis haben nicht von Anfang an getötet. Es begann vielmehr mit Hass und Propaganda. Es geht also auch heute darum, Hass zu stoppen. Das ist Eure Aufgabe.
Clemens Schick, der sich unter anderem zuletzt in dem Drei-Teiler "Guardians of Heritage - Hüter der Geschichte" für den Erhalt von Kulturgütern auf der ganzen Welt einsetzte, sagte, er habe durch das Auseinandersetzen mit der tragischen Geschichte von Ben Lesser eine neue Perspektive auf eine der grausamsten Epochen Deutschlands gewonnen.
„Wir dürfen nie aufhören, die Geschichten von Zeitzeugen wie Ben Lesser zu erzählen.“
DAS LEBEN VON BEN LESSER
Ben Lesser wird am 18. Oktober 1928 in Krakau geboren. Mit elf Jahren erlebt er, wie seine Heimatstadt von den Deutschen erobert wird. Seine Familie und er werden gezwungen, in ein Ghetto zu ziehen. Dort erlebt er schreckliche Gräueltaten der Nationalsozialisten, bevor es seinen Eltern gelingt, ihn gemeinsam mit zwei seiner Geschwister über die ehemalige Tschechoslowakei nach Ungarn zu schmuggeln. Als seine Eltern ihnen folgen wollen, werden sie verraten und auf der Flucht getötet.
Im Mai 1944 wird Ben Lesser mit seinen Geschwistern und weiteren Familienmitgliedern nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Er und sein Cousin Isaac werden von den anderen getrennt. Erst später erfahren sie, dass alle vergast wurden. Ein zweiwöchentlicher Todesmarsch führt ihn und seinen Cousin im März 1945 ins Konzentrationslager Buchenwald. Nach nur einer Nacht werden sie in einen Zug gepfercht, der einen Monat lang ziellos durch Deutschland fährt. Schließlich kommen beide, nur drei Tage vor der Befreiung durch amerikanische Truppen, im Konzentrationslager Dachau an. Isaac stirbt wenig später an den Folgen der Unterernährung. In einem Krankenhaus findet Ben Lesser zufällig eine seiner Schwestern und erfährt, dass Lola als einzig andere überlebt hat. Im Dezember 1945 begegnen sich Lola und Ben wieder.
NEUBEGINN IN DEN USA
Mit 18 Jahren emigriert Ben Lesser in die USA. Heute lebt der Vater zweier Töchter mit seiner Frau Jean in Las Vegas. Als Zeuge einer der schlimmsten Epochen der Menschheitsgeschichte hat Ben Lesser sein Leben der Erinnerung verschrieben. Zusammen mit seiner Familie gründete er 2009 die Non-Profit-Organisation Zachor (= Hebräisch für „Erinnere dich“) Holocaust Remembrance Foundation, die die Erinnerung an den Holocaust für zukünftige Generationen bewahren will. Seit mehreren Jahrzehnten hält er Vorträge an Universitäten und Schulen und hat seine eigene Geschichte im Buch „Living a Life That Matters - From Nazi Nightmare to American Dream” niedergeschrieben.
DIE BEFREIER
Die Geschichte von Ben Lesser und weiteren Überlebenden des Holocaust hat HISTORY 2015 in „Die Befreier“ verewigt. In der Dokumentation berichten Überlebende des Konzentrationslagers Dachau von ihren Geschichten und wie sie die Befreiung des KZs erlebt haben. Gleichzeitig kommen Soldaten zu Wort, die an eben dieser Befreiung selbst beteiligt waren. Sie schildern ihre Sicht auf die Befreiung und berichten, wie tief sie das dort gesehene Elend auch heute noch erschüttert.