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DIE WOCHENENDREBELLEN

Die Wochenendrebellen: Jason, geboren 2005, Asperger-Autist, überdurchschnittlich intelligent, dem die Interaktion mit anderen Menschen manchmal etwas schwer fällt und seinen Vater Mirco.

Seit Jasons sechstem Lebensjahr ist das Vater-Sohn-Gespann in Deutschland und dem Ausland unterwegs, um einen Lieblingsfußballverein für Jason zu finden. Keine ganz einfache Sache, denn ein Lieblingsverein muss logischerweise eine Reihe wichtiger Voraussetzungen erfüllen und bisher ist die spannende Suche auch noch in vollem Gange.

Wie es überhaupt zu dieser Idee kam, was einen potentiellen Lieblingsclub so ausmacht und welches bisher das schönste Stadion war, erfahrt ihr weiter unten im Interview mit Jason.

Wer noch mehr lesen möchte, dem legen wir den mit dem Grimme Online Award ausgezeichneten Blog „Der Wochenendrebell“ ans Herz, in dem die beiden mit viel Humor von ihren außergewöhnlichen (Fußball-)Erlebnissen berichten.

Das Ganze gibt es inzwischen auch in Buchform unter dem Titel „Die Wochenendrebellen – Ein ganz besonderer Junge und sein Vater auf Groundhopping-Tour durch Europa“, erschienen im Benevento Verlag.

Nicht nur zum Thema Fußball sondern über Wissenschafts-Neuigkeiten aus Astronomie, Biologie, Physik, Geschichte und Gesellschaft berichtet Jason in seinem Blog „Spektrograph“

EIN PAAR FRAGEN AN JASON

Wo war euer erster gemeinsamer Stadionbesuch und wie war‘s?

2011 waren wir in Leverkusen, als sie in der Champions League gegen Valencia gespielt haben. Es war ein Geschenk von Papsi für meinen Opa und ich wollte mitkommen. Natürlich erinnere ich mich an nicht mehr viel, aber es hat mich wohl beeindruckt, sonst wäre ich ja nicht auf die Idee gekommen, weitere Stadien zu besuchen.

Wie seid ihr auf die Idee mit den Wochenendrebellen gekommen?

Papsi hat sich von unseren Ausflügen etwas aufgeschrieben und hat irgendwann angefangen es zu veröffentlichen, um ein wenig gegen das typische Klischee von Autismus in den Medien zu wirken. Ihn hat es gewundert, wie viele Leute sich wirklich dafür interessieren – mich hätte es gewundert, hätten sich nicht viele dafür interessiert.

Was sind für dich die drei wichtigsten Kriterien, die einen potentiellen Lieblingsclub ausmachen?

Ein sehr wichtiger Punkt ist sicher ein schönes altes Stadion, in der Natur, mit Holz-Anzeigetafel und einer möglichst schwierigen Anreise, am besten mit Nachtzug. Umweltbewusstsein, am besten sogar Klimaneutralität sind natürlich auch sehr wichtig. Und ein geschichtsträchtiger Verein sollte es auch sein, mit vielen historischen Geschichten.

Was ist der stärkste Faktor, die Mannschaft, das Stadion oder die Fans? Oder etwas anderes?

Das Stadion spielt schon eine sehr zentrale Rolle, aber insgesamt macht es dann doch die Kombination. Schließlich sind auch viele Ausschlusskriterien auf die Mannschaft oder die Fans fokussiert. Ein verein muss eben alle Voraussetzungen erfüllen, das betrifft Fans, Mannschaft und Stadien, damit er mein Lieblingsverein werden kann.

Welches war das bisher schönste Stadion, das ihr gemeinsam besucht habt und warum?

In der zweiten Kroatischen Liga das Stadion von Imotski. Imotski ist ein kleiner Ort in der Nähe von Split und das Stadion dort liegt direkt am Rand einer riesigen Doline, das ist ein großer mit Wasser gefüllter Krater. Befindet man sich auf der einen Seite des Stadions ist der Hang nur zehn Meter entfernt und das ganze Stadion ist von Felsen umgeben. In Deutschland wäre es vermutlich der alte Ludwigspark in Saarbrücken, mit der verpixelten Anzeigetafel und den rostigen Flutlichtmasten.

Wer ist dein Lieblingsspieler und warum?

Neven Subotic. Es ist mir egal, bei welchem Verein er spielt oder wie er spielt, ich finde aber die Arbeit seiner Stiftung toll, mit welcher er Brunnen und Sanitäranlagen in Äthiopien baut.

Die Fans welches Clubs haben dich bisher am meisten beeindruckt bzw. dir gefallen?

Vom Engagement her sicher die des 1. FC St. Pauli. Von der Stimmung und der Lautstärke ist klar Dynamo Dresden Spitzenreiter. Dass wirklich jeder mitgesungen hat, haben wir sonst nirgendwo gesehen.

Welcher Verein hat es bisher am ehesten zum Lieblingsclub geschafft und woran ist der doch gescheitert?

Werder Bremen hat tatsächlich bisher die meisten Kriterien erfüllt, denn schließlich scheiterte es nur an dem Spielerkreis, der gemacht wurde. Werder Bremen ist umweltbewusst, hat ein schönes Stadion in der Natur, eine lange Geschichte und kein Maskottchen, das alles hatte bis jetzt noch kein besuchter Verein.

Was macht  den Unterschied zwischen einem Livespiel und einer TV-Übertragung aus?

Ich schaue eigentlich nie Fußball im TV, denn die Stimmung, das Stadion, die Atmosphäre, die Fans und die Anreise fehlen dabei. Das sind die Dinge auf die es mir beim Fußball wirklich ankommt. TV-Übertragung ohne das alles finde ich einfach langweilig.

Jason, was ist das coolste an deinem Dad?

Dass wir bei unseren Meinungen und Interessen oft sehr große Schnittmengen haben, er meine Interessen unterstützt und mich versteht.

Ihr wirkt wie ein großartiges Team, geht ihr euch auf euren Reisen manchmal auf die Nerven?

Ab und zu. Vor allem auf unserer Osteuropa-Tour im Sommer 2017, als wir 20 Tage mit dem Zug durch Osteuropa gefahren sind, waren wir manchmal schon sehr gereizt und haben uns dann doch auch gestritten. Allerdings muss man sagen, dass es auf unseren Touren wesentlich weniger Streitigkeiten gibt als zu Hause unter der Woche.

Solltet ihr den Lieblingsclub gefunden haben, wie geht’s mit euren gemeinsamen Reisen weiter? Fahrt ihr dann auf alle Auswärtsspiele?

Es gibt viele Möglichkeiten: Trainingslager, 34er-Saison, internationale Spiele. Und selbst wenn wir einen Lieblingsverein gefunden haben, der alle Kriterien erfüllt, heißt das ja nicht, dass wir dann nirgendwo anders mehr hinfahren.

Was ist für euch die „Seele“ des Fußballs. Warum meint ihr, sind so viele Menschen weltweit von diesem Sport begeistert?

Ich würde das auf historische und kulturelle Aspekte zurückführen und weniger auf eine „Seele“ des Fußballs. Aber ich denke so etwas braucht es auch gar nicht. Dass Fußball auf viele Menschen Begeisterung ausübt, lässt sich auch ohne eine „Seele“ erklären.

Wie kam es zur Idee zu eurem Buch?

Nicht wir sind auf den Verlag zugegangen, sondern der Verlag ist auf uns zugegangen. Hätte der Verlag mich angeschrieben, hätte ich natürlich sofort ja gesagt, Papsi hatte aus Zeitgründen zu erst Nein gesagt und dann einige Bedingungen gestellt, die der Verlag alle erfüllte. So sollte ich beispielsweise nicht von vorne auf dem Cover zu sehen sein, auf dem Cover sollte nicht das Wort „Autismus“ vorkommen und noch einige andere Bedingungen.

Habt ihr jetzt Blut geleckt und plant weitere Bücher?

Ich schreibe ja seit einiger Zeit schon an meinem eigenen Buch, in welchem ich die Entwicklung unserer Erde bis zum heutigen Tag beschreibe und dessen Gefährdung durch uns darstelle. Im Bezug auf die Wochenendrebellen haben wir schon grob die Struktur für „Wochenendrebellen II“ ausgearbeitet. Sicher ist auf jeden Fall, dass das nicht mein letztes Buch war.