Martin Luther ist der Begründer der Reformation. Mit seinen 95 Thesen zog er den Ärger der katholischen Herrscher seiner Zeit auf sich und revolutionierte die Kirche. Auch über Luther selbst gibt es einige Thesen, doch nicht immer steckt die Wahrheit dahinter. Wir decken die fünf größten Mythen um Luther auf.
1. Luther und die deutsche Sprache
Falsch: Luther hat die deutsche Sprache erfunden
Richtig: Luther hat maßgebend zur Sprachgestaltung der deutschen Sprache beigetragen
In seinem Exil auf der Wartburg bei Eisenach begann Luther 1521, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Es gab zwar bereits 18 verschiedene deutsche Übersetzungen, aber Luther wollte eine Bibel, die jedermann verstehen konnte. Daher übersetzte er nicht in einen der zahlreichen deutschen Dialekte, sondern in die sächsische Kanzleisprache, die für weite Teile Deutschlands verständlich war. Zusätzlich bediente er sich Redewendungen, die er bei ganz normalen Leuten auf der Straße aufgeschnappt hatte. Formulierungen wie „Hochmut kommt vor dem Fall“ oder „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“ haben wir somit der lutherischen Bibel zu verdanken. Bis 1800 lernten Kinder in der Schule mit der Lutherbibel lesen. Somit hat die Sprache von Luthers Übersetzung unser heutiges Deutsch maßgeblich mitgestaltet.
2. Luther und das Christkind
Falsch: Luther hat das Christkind erfunden
Richtig: Luther hat sich für das Abschaffen von katholischen Heiligenbildern wie dem Heiligen Nikolaus eingesetzt
Bis zur Reformation hatte sich in der katholischen Kirche eine ausgeprägte Heiligenverehrung durchgesetzt. In Gebeten wurde sich nicht mehr nur noch an Gott und Jesus gewandt, sondern auch an Heilige wie die Apostel Petrus oder Paulus. Zusätzlich wurden zahlreiche, angeblich heilige, Reliquien vielerorts zum Kauf angeboten. Diese sollten den Besitzer, ähnlich wie der Kauf eines Ablasses, von seinen Sünden befreien. Luther war der Ablasshandel und auch die Heiligenverehrung ein Dorn im Auge. Nach seinem Glauben sollte nur ein einziger Gott, nämlich Christus, verehrt werden.
Somit war auch der Heilige Nikolaus, der bis dato den Kindern Geschenke brachte, eine nicht akzeptable heilige Figur in Luthers Glaubenslehre. Im 16. Jahrhundert soll deswegen die Idee vom Christkind aufgekommen sein, um die Heiligenverehrung zu beenden, jedoch nicht auf den Brauch des Schenkens verzichten zu müssen. Dass das heutige Christkind, das in protestantischen wie katholischen Haushalten die Gaben bringt, aber tatsächlich eine Erfindung Luthers ist, ist wissenschaftlich nicht bewiesen.
3. Luther und die Wartburg
Falsch: Luther hat einen Großteil seines Lebens auf der Wartburg verbracht
Richtig: Luther lebte ein knappes Jahr unfreiwillig auf der Wartburg
1521 hatte Luther bei seiner Rede vor dem Wormser Reichstag seine 95 Thesen verteidigt und die Institution des Papstes angegriffen. Daraufhin wurde er exkommuniziert und für vogelfrei erklärt. Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen, erkannte, dass sich sein Landsmann in Lebensgefahr befand und ließ ihn daher kurzerhand zu seiner eigenen Sicherheit entführen. Am 4. Mai 1521 wurde er unter dem Decknamen Junker Jörg auf die bei Eisenach gelegene Wartburg in Thüringen gebracht.
Berühmt ist die Wartburg nicht etwa, weil Luther sich hier so wohl fühlte. Im Gegenteil, er musste sich verstecken und sich seiner Tarnung wegen einen Bart stehen und seine Tonsur, den für Mönche sinnbildlichen Haarkreis, zuwachsen lassen. Aus reiner Langweile fing er an, die Bibel in ein allgemein verständliches Deutsch zu übersetzen. Nach nur zehn Wochen war er fertig und packte sofort seine Sachen. Am 1. März 1522 verließ Luther die Wartburg wieder – und kehrte auch nie wieder zu ihr zurück.
4. Luther und der Buchdruck
Falsch: Luthers Bibel war das erste gedruckte Buch der Welt
Richtig: Vor der Luther-Bibel gab es bereits 18 gedruckte Bibelübersetzungen
Johannes Gutenberg erfand um das Jahr 1440 herum den Buchdruck. Basierend auf seiner Idee, mit einzelnen beweglichen Buchstaben eine Druckvorlage zusammenzusetzen, wurde 1466 das erste gedruckte Buch der Welt herausgegeben: Die Bibel. Allerdings war dies nicht die Luthersche Übersetzung. Bevor Luther seine 1522 fertig gewordene Bibelübersetzung vervielfältigen ließ, hatten dies bereits 18 andere Übersetzer getan. 14 Bibel auf Hochdeutsch und vier in Niederdeutsch wurden gedruckt, bis Luther überhaupt mit seiner neuen Übersetzung begonnen hatte.
5. Luther und der Weihnachtsbaum
Falsch: Luther hat den Weihnachtsbaum eingeführt
Richtig: Der Brauch, eine Tanne zu Weihnachten aufzustellen, wurde fast 60 Jahre nach Luthers Tod das erste Mal dokumentiert
Der Maler und Kupferstecher Carl August Schwerdgeburth schuf 1856 ein Bild mit dem Titel „Dr. Martin Luther im Kreise seiner Familie zu Wittenberg am Christabend 1536". Darauf zu sehen ist Luther mit seiner Familie unter einem Weihnachtsbaum. Dieses Bild ist Grundlage der weit verbreiteten Annahme, Luther hätte den Brauch des Weihnachtsbaumes eingeführt. Tatsächlich sind jedoch erst 1605, 59 Jahre nach Luthers Tod, erste Aufzeichnungen über die Aufstellung eines Weihnachtsbaumes im Elsass zu finden. Der Maler hatte den Weihnachtsbaum wahrscheinlich in sein Werk mit aufgenommen, um ein ideal typisches Bild einer bürgerlichen Familie zu schaffen.